Archiv dieser Seite aus 2016/2017 lesenswert für Neueinsteiger
Durchführungsbeschlüsse, Gesetze und andere Rechtsvorschriften
Es gibt in unserem Rechtstaat einen offenen Rechtsbruch ohne juristische Folgen. Darüber muss gegenüber den Medien und politisch Verantwortlichen aufgeklärt werden! ²
Zum Einstieg entdecke die versteckten Rechtsbrüche in folgendem Satz, gelesen während des H5n8 Ausbruches 2016/2017:
"Landwirtschaftsminister Habeck ordnet zur Eindämmung der Seuche die Aufstallung von Freilandgeflügel in Hochrisikogebieten an.
Tipp: Er bezieht sich dabei auf die Geflügelpestschutzverordnung."
Rechtsbruch Nummer 1: Der Landwirtschaftsminister ist nicht die laut Verordnung zuständige Behörde, dies wäre der jeweilige Landkreis bzw. die jeweilige Stadt mit Ihrem Veterinäramt. Das Landwirtschaftsministerium ist lediglich Kontrollinstanz.
Rechtsbruch Nummer 2: Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wurde gebrochen. Die Anwendung der Bundesverordnung muss in Abwägung mit dem Tierschutzgesetz und dem Tierschutz §20 a der Verfassung entschieden werden. Anders als 2007 als die Verordnung geschrieben wurde, lag 2016/2017 kein für den Menschen gefährliches Virus vor. Um diese beiden Gesetzte mittels Aufstallung von Freilandgeflügel zu brechen sieht die Verordnung in §13 folgendes vor: „Soweit dies auf der Grundlage einer Risikobewertung nach Maßgabe des Absatzes 2 zur Vermeidung der Einschleppung oder Verschleppung der Geflügelpest durch Wildvögel erforderlich ist.“
Da es keinen Beweis für die Verbreitung durch Freilandgeflügel oder durch Wildvögel gibt und wissenschaftliche Untersuchungen aus Holland 2014 sogar das Gegenteil beweisen, kann es diese Erfordernis als Begründung von Gesetzes- und Verfassungsbruch nicht geben!
Rechtsbruch Nummer 3: Es gibt keine Hochrisikogebiete für die Haltung von Freilandgeflügel! Es gibt keine Gensequenzen, keine Ausbruchszahlen, keine Fallhäufigkeit die beweisen würde, dass an irgendeinem Ort ein höheres Risiko für die Verbreitung der Vogelgrippe durch die Haltungsform „Freilandgeflügel“ besteht. Wenn keine Parameter vorhanden sind, an denen ein Hochrisikogebiet regelmäßig festzumachen ist, dann kann es diese schlicht nicht geben.
Satirisch ausgedrückt: Die Vogelgrippe bei Freilandgeflügel tritt genauso gehäuft in Gebieten auf in denen Menschen mit blauen Augen leben wie in Gebieten in denen viele Wildvögel rasten. Z.B. An der Westküste Dänemarks 2016/2017 gar nicht.
Rechtsbruch Nummer 4: Im Grunde bricht schon die Bundesverordnung selber Gesetze und muss daher geändert werden, denn es lag keine Seuche vor. Eine Seuche ist nach gängiger Begriffsbestimmung:
Epizootie bei zeitlicher und örtlicher Häufung
Enzootie bei andauerndem, begrenztem Auftreten an einem Ort oder in einer Population
Panzootie bei unbegrenzter Ausbreitung
Keines dieser Ereignisse lag 2016/2017 in Schleswig-Holstein vor, es wurde lediglich die Existenz eines Virus nachgewiesen, ohne das bestimmt wurde, für wie viele Todesfälle er direkt verantwortlich war. Die Sterblichkeit bei Wildvögeln und Freilandgeflügel lag im normalen statistischen Bereich.
Den Nachweis eines Virus als Seuche zu bezeichnen ist wissenschaftlich falsch und rechtlich inkorrekt wenn sich darauf schwerwiegende Maßnahmen begründen wie Tötungen und Berufsverbote für Freilandhalter es nun einmal sind.
² Wie erreichen wir das?
1) Treffen der Wissenschaftler organisieren, zur Erarbeitung eines gemeinsamen Positionspapiers erledigt.
2) Klage von Dr. Grimme fortführen (Fortsetzungs-Feststellungsklage) erledigt, siehe Kopie des Blogeintrags vom 15.10.2017 unten auf dieser Seite und von Zfr. Aselmann weiter unterstützen. Nachtrag: Fortsetzungsfestellungsklage positiv beschieden, siehe ganz unten unter Nachträge oder im Blog 07/2019
3) Weiteres Treffen organisieren "Stategiegespräch" gegen den neuen EU-Durchführungsbeschluß
Kopie des Blogeintrages vom 17.10.2017:
Der Klageweg mit Dr. Grimme und Gut Wardow wurde beendet. Leider nicht so, wie wir uns das vorgestellt haben. Der letzte Stand war ja, das wir beim OVG Mecklenburg-Vorpommern eine Beschwerde gegen die kostenpflichtige Abweisung des Eilantrages durch das VG Schwerin eingereicht haben.
Diese wurde am 26.09.2017 zurückgewiesen. Das ist relativ ernüchternd. Fassen wir zusammen:
Um überhaupt einen Eilantrag einreichen zu können mussten wir innerhalb der Widerspruchsfrist zunächst Gelder sammeln um uns den Rechtstreit leisten zu können.
Dann mussten wir versuchen eine Ausnahmegenehmigung zu erhalten. Hier gab es einen deutlichen Rechtsbruch, nämlich die ministerielle Weisung, jeine Ausnahmen zuzulassen.
Wir haben dann der Allgemeinverfügung widersprochen, die in sich ein Rechtsbruch darstellt, da landesweit erlassen und ohne Risikobewertung erfolgt. Wartezeiten erlitten, während derer wir gezwungenermaßen unsere Tiere quälen mussten. Endlich wurde der Widerspruch abgelehnt.
Dann konnte der Eilantrag gestellt werden, wochenlang blieb er unbeantwortet. Wochen in denen die Lage auf Gut Wardow unerträglich wurde und es erste Todesfälle durch die tierquälerische Aufstallung gab.
Als das VG Schwerin dann einen Ausweg sah, nämlich die Erteilung der Ausnahmegenehmigung (mit unerfüllbaren Auflage, den Kontakt zu Wildvögeln wirksam zu unterbinden) dass keine Eile mehr geboten sein könnte, da wurde das Gericht plötzlich schnell und wies die Klage ab.
Daraufhin erfolgte dieser Widerspruch
Nachtrag vom 20.02.2018: Dr. Grimme führt die Fortsetzungsfeststellungsklage durch. Wir werden natürlich fachlich gern unterstützen, ein Blogeintrag dazu erfolgt in Kürze.
Nachtrag vom 21.01.2019: Die Fortsetzungsfestellungsklage wurde mit der Festellung, die Algemeinverfügung war rechtswidrig, entschieden. Mehr dazu, wenn das Urteil Rechtskraft erlangt hat.
Nachtrag vom 14.07.2019:
Titelbild: Huhn nach Kannibalismus, verursacht durch tierquälerische Aufstallung, Quelle der Kläger Dr. Grimme
Die landesweite Aufstallung war rechtswidrig.
Die Urteilsbegründung findet man unter diesem Link
Vom November 2016 bis in den April 2018 hinein ordneten einige Bundesländer eine landesweite Stallpflicht zur Bekämpfung der Vogelgrippe an. Unter Androhung von Bußgeldern sowie Haltungsverboten wurden mehrere Millionen Freilandgeflügel in dafür nicht vorgesehene Übernachtungsställe dauerhaft eingesperrt. In den viel zu engen Ställen starben Tiere an mangelnder Hygiene durch eingeschränkte Reinigungsmöglichkeiten, erhöhtem Keimdruck durch die Tierdichte, an psychischem Fehlverhalten durch die Enge, wie Federfraß und Kannibalismus (Titelbild). Diese Anordnungen waren rechtswidrig, wie durch das Verwaltungsgericht Schwerin mit Urteil vom 19.01.19 im Rahmen unserer Musterklage stellvertretend für den Landkreis Rostock festgestellt wurde (7 A 887/17 SN - Urteil vom 16.01.2019). Inhaltlich ist das Urteil auf alle Fälle übertragbar.
Während man in Baden-Württemberg der ersten Klage noch durch Aufhebung der landesweiten Stallpflicht am 08.02.2017 auswich und unserem Kläger eine Ausnahmegenehmigung erteilte, zog sich die Aufstallung in Schleswig-Holstein bis zum 05.04.2017 hin. Dort wich man dadurch einer Konfrontation durch angekündigten zivilen Ungehorsam, mit massenhafter Freilassung, geplant zum am 08.04.19 durch unsere Arbeitsgemeinschaft aus.
Lediglich in einem Fall in Mecklenburg-Vorpommern konnten wir auf Grund besonderer Sturheit und Machtarroganz des zuständigen Ministers Backhaus (SPD) bis zur jetzt bewerteten Fortsetzungs-Feststellungsklage kommen. Hier dauerte die landesweite Aufstallung bis zum 18.04.2017 mithin 5 Monate lang!
Am 15.05.2019 wurde die Urteilsbegründung bekanntgegeben, damit erlangte das Urteil am 16.06.2019 Rechtskraft, eine Veröffentlichung am 17.06.2019 hier im Blog war demnach vorgesehen. Durch einen privaten Schicksalsschlag in der Familie des Verfassers komme ich erst heute dazu, dies nachzuholen, das bitte ich zu entschuldigen.
Das Urteil ist nicht ein endgültiger juristischer Sieg zur Beendigung der fehlgeleiteten Vogelgrippepolitik. Es greift in keiner Weise die der Verordnung und der aktuellen Durchführungsanordnung der EU zu Grunde liegende Fehlannahme, dass Wildvögel ein bestimmender Risikofaktor für die Verbreitung der Vogelgrippe seien, auf. Die Durchführungsanordnung wie auch die Geflügelpestschutzverordnung neuester Fassung sind in dieser Hinsicht sogar ein Rückschritt, weil nunmehr Zugvogelrastplätze und Gewässernähe mit hoher Wasservogeldichte explizit als Grundlage für die Ausweisung etwaiger Risikogebiete genannt werden. Und ein Risikogebiet kann nur dann Sinn machen, wenn es dort auch einen Risikofaktor gäbe, der der Wildvogel nun einmal nicht ist.
Die Klage und mithin das Urteil hatte aber auch noch gar nicht die Aufgabe, mit diesem Missstand aufzuräumen. Dies ist schlechthin Aufgabe der Legislative und nicht primär der Judikative. Vielmehr ging es darum, eine für Mensch und Tier qualvolle Ignoranz zumindest der bestehenden Regelungen, die Tierleid über das nötige Maß hinaus verlängert und vergrößert hat zu beenden resp. nachträglich für Unrecht bestimmen zu lassen.
Das Urteil ist daher aus mehreren Gründen für uns wichtig und der Veröffentlichung wert. Zum einen ist es rein psychologisch wichtig. Es gibt den Menschen Recht, die versucht haben, Ihre Tiere vor Tierquälerei zu schützen, die sie noch dazu mit eigener Hand durchführen mussten. Ein Gefühl der Obrigkeitsohnmacht kann insoweit wieder abgebaut und relativiert werden. Es sorgt nicht nur für die 1400 Tiere auf Gut Wardow, sondern auch für die Millionen gequälten Tiere, aus allen Ländern mit Machtmissbrauch durch flächendeckende Aufstallung, für eine nachträgliche Gerechtigkeit und schützt künftige Geflügelgenerationen durch seinen Mustercharakter vor Wiederholung. Zu guter Letzt kann es auch Grundlage für Gut Wardow sein, Schadenersatz für die erlittenen Schäden zu erlangen, was nochmals die Wiederholungsgefahr senken sollte.
Letztlich bleibt es eine große Aufgabe, durch mediale Unterstützung den Stand der Wissenschaft auch soweit in die Legislative zu bringen, dass der fehlerhafte Bezug zum Wildvogel in der Ursachennennung und Seuchenbekämpfung aus den Verordnungen verschwindet. Einschränkend muss man aber feststellen, dass die Arbeitsgemeinschaft Vogelfrei Cimbria dazu in "Friedenszeiten" weder den finanziellen Rückhalt seitens der Freilandgeflügelhalter noch die mediale Aufmerksamkeit bekommt, die für diese Veränderungen erforderlich wären. Das betrifft ebenso den finanziellen Aufwand, der erforderlich wäre, um falsche Verordnungen oder Durchführungsanordnungen möglicherweise über höhere gerichtliche Instanzen wie dem EUGH korrigieren zu lassen. Das muss leider auf die Zeit der nächsten Aufstallung oder der Ausweisung unsinniger Hochrisikogebiete warten.
Die Arbeitsgeimeinschaft Vogelfrei "Cimbria" bedankt sich ausdrücklich nochmals bei unserem Anwalt Dirk Büge für die erfolgreiche Durchführung der Fortsetzungsfeststellungsklage!
Es ist für ihn nicht nur ein gewöhnlicher Auftrag sondern eine Arbeit in die auch viel ehrenamtliches Engagement geflossen ist. Ein Urteil entfaltet nur dann seine Wirkung, wenn es auch in den Köpfen der entscheidenen Menschen ankommt. Das sind die Rechtsberater in Firmen und Ämtern die Entscheidungsträger in der Politik sowie im Zweifel die Richter, die zukünftige Entscheidungen treffen müssen.
Damit dies auch geschieht, sollten fachliche Kommentierungen erarbeitet werden, die in der Fachpresse verbreitet werden. Neben weiteren juristischen Fachblättern hat "Recht in der Landwirtschaft" den untenstehenden Artikel zum Abdruck gebracht. Auch für diese zusätzliche Arbeit möchten wir uns bedanken, wissend wie wertvoll dies für uns in Zukunft noch sein kann!
Wichtig: die hier angehängte Kopie bitte gern verlinken (sprich: Man wird auf diese Seite geführt) aber nicht in Eigenregie weiterverbreiten (sprich: Kopieren und neu veröffentichen). Auf dem Artikel liegt das copyright des Verlages. RA Büge hat lediglich um eine Ausnahme für diese homepage gebeten!
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